Eigenhändig geschriebenes Testament muss lesbar sein

Zwingende Voraussetzung: Lesbarkeit der Niederschrift

In einer Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat der Senat das Schreiben einer alten Dame, das sich auch mithilfe einer Schriftsachverständigen nicht vollständig entziffern ließ, nicht als wirksames Testament angesehen. 

Im Jahr 2012 verstarb die alte Dame. Ihr Ehemann war ein Jahr zuvor verstorben. Die Eheleute hatten lediglich in einem Testament ihre Bestattung geregelt, nicht aber die Erbfolge. Im Verfahren vor dem Nachlassgericht ging es um die Erteilung des Erbscheins, der der Tochter der Verstorbenen als Alleinerbin aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt wurde.

Erbstreit

Die weitere Beteiligte am Nachlassverfahren hatte als Pflegekraft beruflich und privat Kontakt zu der Verstorbenen. Sie reichte bei Gericht ein Schreiben ein, das die Erblasserin zwei Monate vor ihrem Tod gefertigt haben sollte. Sie gab an, dass sie dieses Schreiben von einer anderen Pflegekraft der Verstorbenen erhalten habe und dass in dem Schreiben stehe, dass ihr die Verstorbene alles vermache. Das Nachlassgericht sah dieses Schreiben nicht als ein wirksames Testament an. Gegen die Erteilung des Erbscheins an die Tochter der Verstorbenen legte die weitere Beteiligte Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Der Tochter der Verstorbenen ist der Erbschein als Alleinerbin zu erteilen, weil diese ihre Mutter aufgrund gesetzlicher Erbfolge beerbt hat. Die weitere Beteiligte des Verfahrens kann sich nicht darauf berufen, aufgrund Testaments als Erbin eingesetzt zu sein.

Das eingereichte Schriftstück genügt nicht den Anforderungen an die Form eines wirksamen Testaments. Ein Testament kann durch eigenhändige und unterschriebene Erklärung errichtet werden. Die Eigenhändigkeit der Errichtung setzt voraus, dass der erklärte Wille in vollem Umfang aus dem Geschriebenen hervorgeht. Zwingende Formvoraussetzung ist damit die Lesbarkeit der Niederschrift.

Der Senat – Spezialsenat für Nachlassangelegenheiten – ist trotz langjähriger Erfahrung mit der Entzifferung schwer lesbarer letztwilliger Verfügungen nicht in der Lage, das Schriftstück soweit zu entziffern, dass es einen eindeutigen Inhalt erhält. Der Senat geht mit dem Nachlassgericht davon aus, dass die ersten drei Worte „ich A.“ und die letzten Worte „D. geb. …“, gefolgt von der Unterschrift und dem Datum lauten. Diese Worte weisen die Erblasserin als Erklärende aus und lassen einen Bezug der Erklärung zu der weiteren Beteiligten, die namentlich und mit ihrem Geburtsdatum genannt wird, erkennen. In der Mitte des Textes verbleiben jedoch einige nicht zweifelsfrei lesbare Worte.

Die Ungewissheit über den Inhalt des Geschriebenen lässt sich nicht unter Zuhilfenahme der vom Nachlassgericht herangezogenen Schriftsachverständigen beseitigen. Die Sachverständige hat zwar das erste der umstrittenen Worte als „vermache“ identifiziert, nicht jedoch die weiteren Wörter, so dass unklar bleibt, was vermacht werden sollte.

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Da das vorgelegte Schriftstück aufgrund seiner Unleserlichkeit bereits kein formgültiges Testament darstellt, war vom Gericht nicht weiter zu untersuchen, ob die Erblasserin wegen Demenz oder Leseunfähigkeit testierunfähig gewesen ist und ob das Schriftstück überhaupt von ihr stammte. Auch konnte das Gericht offen lassen, ob die verstorbenen Eheleute in einem Heim im Sinne des Heimgesetzes untergebracht waren, was zur Folge hätte, dass das Verbot in § 14 Absatz 5 Heimgesetz Anwendung finden würde, wonach den Mitarbeitern eines Heims die Entgegennahme geldwerter Leistungen von Heimbewohnern untersagt ist.

Quelle: rechtsindex.de

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